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Das Gebet in Getsemani

Getsemani
Datum:
Veröffentlicht: 23.3.24
Von:
Markus Schürrer

Gedanken zu Mk 14, 32-42 von Maria Schmidt

„Passen Sie auf, dass Sie Ihren Glauben nicht verlieren, wenn Sie ihn studieren!“ – Ein Satz, dem ich früh in meiner Studienzeit häufig begegnet bin.

Die Erzählungen des Evangelisten Markus rund um die Passion Jesu, die bei Matthäus und Lukas doch sehr ähnlich sind, stellen mich im-mer wieder neu vor diese Herausforderung. Und zwar aus ganz vielen unterschiedlichen Gründen.

Da ist einmal die historische Wahrscheinlichkeit dieser Erzählung. Man muss nicht einmal besonders wissenschaftlich mit diesem Text umgehen – schon ein oberflächlicher Blick genügt, um sich Fragen zu stellen. Zum Beispiel: Woher kann der Evangelist wissen, welche Ge-bete Jesus am Ölberg gesprochen hat, wenn er in diesem Moment doch alleine war? Wenn Jesus ein Stück von seinen Begleitern ent-fernt war und diese auch noch geschlafen haben?

Unter anderem die Frage danach, was Markus hier bezwecken will, führt mich tiefer in seine Erzählung und bringt mich auf eine sehr emo-tionale Ebene. In Jesu Gebet in Getsemani und im Verhalten seiner Jünger finden sich Momente, die mich tief berühren – erschüttern – und mein Christsein auf die Probe stellen.

In Jesu Worten sind für mich Angst, Verzweiflung und auch Ein-samkeit spürbar. Diese Worte bringen mir Jesus auf einer menschlichen Ebene unglaublich nahe.

„Meine Seele ist zu Tode betrübt!“

Jesus hat Angst. Er geht seinen Weg nicht mutig oder furchtlos. Und Angst ist eben ein zutiefst menschliches Gefühl. Ein Gefühl, dass vermutlich viele von uns kennen. Angst vor dem, was vor einem liegt. Angst vor Dingen, die man nicht kontrollieren kann. Angst vor dem Tod. In dieser Angst sucht Jesus flehend Halt bei Gott und betet

„Nimm diesen Kelch von mir“.

Verzweifelt bittet Jesus Gott darum, ihn aus dieser Situation zu retten. Er weiß, dass Gott alles möglich ist. – In diesen Augenblick können viele Menschen sich gut hineinfühlen: in Krankheit und Not zu Gott flehen, er möge einen retten. In schweren Momenten nach Gott zu fragen, fällt oft leichter, als ihm in guten Momenten oder gar im Alltag Platz in unseren Gedanken zu geben.

Aber finde ich auch die Kraft, loszulassen und die Dinge vertrauens-voll in Gottes Hand zu geben, wie es Jesus tut?

„Aber nicht, was ich will, sondern was du willst.“

Das fordert mich in meinem Glauben heraus. Es verlangt mir viel ab. Wie Jesus muss ich erkennen, dass Gott mir die schweren Momente in meinem Leben nicht ersparen kann. Aber ich darf darauf vertrauen, Gott an meiner Seite zu wissen und so meinen Weg nicht alleine ge-hen zu müssen.

Gottes Beistand darf uns eine Gewissheit sein. Oft ganz im Gegensatz zum benötigten oder erhofften Beistand durch die Menschen in unse-rem Umfeld. Jesus bittet seine Freunde und Vertrauten in meinen Au-gen auch um Beistand, wenn er sagt

„Wacht und betet“.

Aber nicht einmal eine Stunde, so schreibt es der Evangelist Markus, können die Jünger dieser Bitte nachkommen. Mehrfach fordert Jesus sie auf – mehrfach versagen sie. Aber ich will hier nicht den Blick da-rauf lenken, ob und wann wir von Anderen im Stich gelassen werden. Ich möchte die Perspektive der schlafenden Jünger einnehmen.

Ihr Verhalten lässt mich Fragen stellen:

Haben sie die Bedeutung und die Schwere dieser Situation nicht erkannt? Als engste Vertraute von Jesus müssten Petrus, Johannes und Jakobus doch wissen, was ihm bevorsteht. Gerade Petrus, der Jesus zugesichert hat, mit ihm bis in den Tod zu gehen! Und nun sind sie nicht einmal in der Lage, Jesus durch ihr Gebet beizustehen …

Oder hat die Jünger einfach die Kraft verlassen? Müde und ange-strengt vom Schlaf übermannt werden, Aufgaben aus dem Blick verlie-ren, keine Kraft mehr haben für Dinge, die unsere Aufmerksamkeit for-dern, die Menschen, die uns brauchen nicht mehr sehen – wem ist so etwas nicht auch schon einmal passiert? Wenn der Alltag mich fordert und überfordert, laufe ich Gefahr, meinen Glauben und mein Gebet, mein Handeln für Andere – schlicht: mein Christsein – zu vernachläs-sigen.

In Angst, Verzweiflung und Einsamkeit den Glauben nicht zu ver-lieren ist immer wieder neu eine Herausforderung. Ob ich sie be-stehen kann oder vom Schlaf übermannt werde, immer wieder aufs Neue ungewiss. Gewiss ist aber, dass ich – wie Jesus – da-rauf vertrauen darf, Gott auch in meinen dunklen Momenten an meiner Seite zu wissen.

Maria Schmidt ist Vorsitzende des Seelsorgebereichsrats Main-Itz